Die Brandbekämpfung ist die ureigenste Aufgabe der Feuerwehr. Doch das mögliche Einsatzspektrum der Floriansjünger hat sich im Zuge der fortschreitenden Technisierung deutlich erweitert. Auch Einsätze zur ABC-Abwehr bei Gefahren durch biologische, chemische oder radioaktive Substanzen können auf der Agenda stehen. Dazu gab es jetzt eine Übung in Peißenberg.
An einem Samstagmittag um 13.13 Uhr werden die Einsatzkräfte von mehreren Feuerwehren und dem BRK zur Firma „Aerotech“ gerufen. Was ist passiert? Beim Befüllen der Ätzanlage auf dem Betriebsgelände am Robert-Drosten- Platz kam es bei einemUnfall zumAustritt von Chemikalien. Die Feuerwehren aus Peißenberg, Penzberg und Weilheim sind vor Ort – samt Gerätewagen für Gefahrstoffe und einer Dekontaminationsschleuse. Die Einsatzleitung hat die Peißenberger Feuerwehr übernommen. Die Lage ist ernst. Zunächst wissen die Einsatzkräfte nicht, um welchen Gefahrenstoff es sich genau handelt. Die Feuerwehrleute, die als Erstes in die Ätzanlagenhalle vorgedrungen sind, geben einen ersten Situationsbericht: „Es könnte Schwefelsäure sein. Ich bin einfach nur schockiert. So viele Verletzte.“ Und: „Wir bekommen langsam Probleme mit unserer Ausrüstung. Die Säure ätzt sich durch die Kleidung.“
Aerotech ist gut gerüstet
Zum Glück ist alles nur eine Übung. Selbige läuft jedoch unter sehr realistischen Bedingungen ab. „Man versucht, die Abläufe ernst zu nehmen. Nur dann bläut man sie sich auch ein“, erklärt Philipp Reichhart, der Kommandant der Peißenberger Feuerwehr. Die Übung bei Aerotech liegt in beiderseitigemInteresse. Zwischen dem Triebwerkszulieferer und der Feuerwehr gibt es laut Aerotech- Facilitymanager Michael Schwaiger seit längerem „gute Kontakte und einen tollen Austausch“. Die Übung soll durchaus eine Außenwirkung entfalten – auch zur Beruhigung der Anlieger: „Die Anwohner sollen sehen, dass wir uns Gedanken für den Ernstfall machen.“ Dass dieser „Ernstfall“ bei Aerotech tatsächlich eintritt, ist laut Uwe Hallmann, dem verantwortlichen Leiter für die Ätzanlage, allerdings nicht zu erwarten: „Ein Säureaustritt ist bei uns extrem unwahrscheinlich.“ Die Anlage verfügt über entsprechende Sicherheitssysteme und wird regelmäßig gewartet.
Die Feuerwehr ist laut Reichhart im Groben darüber in Kenntnis gesetzt, mit welchen Stoffen bei Aerotech hantiert wird. Generell gilt: In purem Aggregatzustand sind diemeisten Substanzen ungefährlich. „Die meisten Stoffe bei Aerotech sind händelbar und nicht besonders tragisch“, erklärt Reichhart. Gefährlich könne es nur werden, wenn sich Substanzen vermischen und miteinander reagieren.
Bei der Übung läuft alles sehr diszipliniert und koordiniert ab. Insgesamt sind 110 Feuerwehrleute und BRK-Rettungskräfte im Einsatz.„ Das ist hoch komplex, was die da machen“, lobt Uwe Hallmann die Übungsteilnehmer. Auch Reichhart ist im Nachklang mit der Übung zufrieden: „Sie ist sehr positiv verlaufen. Natürlich gibt es immer Dinge, die nichthundertprozentig funktionieren. Aber dafür übt man sie ja.“ ABC-Einsätze in Firmen sind übrigens für die Feuerwehren wirklich nur die Ausnahme. „Das sind Einzelfälle“, bestätigt Kreisbrandinspektor Markus Deutschenbaur. Häufiger seien jedoch Einsätze bei Leckagen in Gasleitungen: „Das hat zugenommen, weil viele Straßen zur Verlegung von Versorgungsleitungen wie zum Beispiel für Breitband aufgerissen werden.“
Quelle: Folgt